FOHLENGEBURT – und irgend etwas läuft schief

Abb 1: Intensivpatient – unterentwickeltes Fohlen

Abb 1: Intensivpatient – unterentwickeltes Fohlen

Bei eingeleiteter Geburt bzw. Trächtigkeits- und Geburtsstörungen jeder Art muss damit gerechnet werden, dass ein körperlich unreifes, lebensschwaches Fohlen geboren wird.

Daher gilt nach der Geburt die erste Sorge dem Fohlen – es ist ein Intensivpatient der bis zur Stabilisierung der Organsysteme (Stunden – Wochen) rund um die Uhr betreut werden muss.

Hygienisch arbeiten – Desinfektion der Hände bzw. Einmalhandschuhe verwenden.

Bereitzustellen sind:

  • frisches sauberes warmes Wasser
  • Desinfektionsmittel
  • Einmalhandschuhe
  • ausgekochte Geburtsstricke
  • Blauspray, Jodlösung

Kontrolle von:

  • Atmung – ev. Lähmung des Atemzentrums, Atemwege freilegen, manuelle Atemhilfe, Sauerstoffzufuhr; das Fohlen nicht an den Hinterbeinen hochheben wegen der Gefahr der Hirnblutung
  • In den meisten Fällen reißt die Nabelschnur nicht während der Geburt (physiologisch). Solange Stute und Fohlen noch liegen, sollte die Nabelschnur nicht durchtrennt werden, damit noch möglichst viel Blut aus der Plazenta in den Kreislauf des Fohlens gelangt. Beim Aufstehen der Stute wird die Nabelschnur selbständig reißen. Eine Hilfe beim Abnabeln ist nur in Ausnahmefällen erforderlich.
  • Nabeldesinfektion mit Jodlösung, und im Abstand von einigen Stunden wiederholen
  • Kolostrumaufnahme! Das Kolostrum beinhaltet lebenswichtige Abwehrstoffe für das neugeborene Fohlen. Bei Stuten mit Trächtigkeits- bzw. Geburtsstörungen besteht die Gefahr, dass nicht ausreichend Kolostrum produziert wird oder das Fohlen aufgrund seiner Lebensschwäche nicht fähig ist in den ersten Lebensstunden genügend Kolostrum aufzunehmen. Daher muss im entsprechenden Fall z.B. mittels Hyperimmunserum, Plasma oder Vollblut das Immunsystem des Fohlens unterstützt werden!
  • Reifestatus des Fohlens: unreife lebensschwache Fohlen zeigen allgemeine Schwäche, geringes Geburtsgewicht, kurzes seidenartiges Fell, schlaffe Ohren, weiche Lippen, verformte Gliedmaßen mit unvollständiger Verknöcherung der Knochen
  • Fohlenimpfung“: regelmäßig wird von Tierbesitzern der Tierarzt um eine so genannte „Fohlenimpfung“ gebeten. Hierbei handelt es sich um eine prophylaktische Applikation von equinen Hyperimmunseren, die prophylaktische Applikation von Antibiotika oder die Applikation von Tetanusantiserum. Die Verabreichung von Hyperimmunseren ist bei ausreichender Kolostrumversorgung nicht notwendig und sollte nur bei Fohlen mit Verdacht auf ungenügende Immunglobulinversorgung erfolgen. Antibiotika haben eine schädigende Wirkung auf die Darmflora, fördern den Aufbau von Resistenzen und sind bei nur einmaliger Injektion so gut wie nicht wirksam. Auch die Verabreichung von Tetanusantiserum ist bei normaler Kolostrumversorgung und ausreichendem Impfstatus der Mutter nicht notwendig.
Neugeborenes Fohlen (Frühjahr 2009) nach geringgradiger Zughilfe bei der Geburt

Abb 2: Neugeborenes Fohlen (Frühjahr 2009) nach geringgradiger Zughilfe bei der Geburt – das Fohlen wies im Bluttest 24 h nach der Geburt einen niedrigen Immunglobulinspiegel (Abwehrstoffe von der Mutterstute) auf – es erhielt Hyperimmunserum infundiert und Antibiose über mehrere Tage – dem Fohlen und der Stute geht es bestens (Jänner 2010)


09.2018