Fort- & Ausbildung: Brand im Pferdestall!!

Am Samstag, 5. September 2009, fand im Reitstall in Ohlsdorf eine Geburtstagsfeier statt. Ein elektrisches Insektengitter fing aus unbekannter Ursache plötzlich Feuer. Die Flammen griffen rasend schnell auf das Stallgebäude über. Es kam zu einer extremen Rauchentwicklung. Anwesende Personen versuchten die 8 Pferde aus dem Stall zu bergen. Die Pferde waren jedoch panisch aufgrund der Flammen und der Rauchentwicklung. Ein Pferd geriet außer Kontrolle und stürzte samt der führenden Person über ein Geländer 2 Meter in die Tiefe in einen Durchgang. Die junge Frau geriet unter das stürzende Pferd und das Pferd begrub sie unter sich.

Ehest möglich wurde die Ohlsdorfer Feuerwehr verständigt. Diese erfasste, vor Ort angelangt, umgehend die Situation: Brand mit Beteiligung von Menschen und Tieren. Die Rettung und ein Tierarzt wurden angefordert. Sowohl die Mannschaft der Rettung als auch der eintreffende Tierarzt erkannten, dass weitere Hilfe notwendig war und forderten weitere Rettungen bzw. Notfall-Tierärzte an.

Flammen – Rauch – Menschen in Gefahr – panische Pferde – Verletzte

Es galt…..

  • das Feuer unter Kontrolle zu bringen.
  • einen Überblick über die Gäste der Geburtstagsgesellschaft sowie der Familie der Hofbesitzer, hinsichtlich Anwesenheit und körperlicher sowie psychischer Unversehrtheit zu bekommen.
  • sämtliche Pferde und sonstige Tiere am Hof sicher aus dem Gefahrenbereich zu bringen, auf Verletzungen hin zu untersuchen, zu behandeln und zu beaufsichtigen.
  • die junge Frau, die nach dem Sturz von der Balustrade unter dem Pferd zu liegen gekommen war, zu bergen; zuvor musste aber das Pferd, welches nicht fähige war aufzustehen unter Vollnarkose mittels Bergegeschirr und Kran von der Feuerwehr, von der verletzten Person angehoben werden.

 

Es nützt nichts, den möglichen Katastrophenfall zu ignorieren, es kann aber lebensrettend sein, im Fall des Falles einen durchdachten und vor Ort erprobten Katastrophenplan zu haben.

Der Brand im Reitstall Ohlsdorf am 5. September 2009 war eine ÜBUNG!

Szenarien, von welchen jeder sich wünscht, dass sie nie passieren mögen – wohl wissend, dass sie bereits passiert sind – aber verdrängend, nach dem Motto „Bei uns wird das schon nicht passieren „

Szenarien, von welchen jeder sich wünscht, dass sie nie passieren mögen – wohl wissend, dass sie bereits passiert sind – aber verdrängend, nach dem Motto
„Bei uns wird das schon nicht passieren „

Mitwirkende:

  • Reitstall Ohlsdorf  – Familie, Einsteller, Freunde
  • Feuerwehr Ohlsdorf und umliegende Feuerwehren
  • Praktischer Arzt und umliegende Rettungen
  • Fire & Emergency Vets (Dr. Kaun und vier weitere F & E Tierärzte)
  • Pferde, Hunde, Katzen, Kaninchen und Meerschweine des Reitstalles
  • Gustav das Übungspferd

Dank eines der Lokalität entsprechenden Katastrophenplanes, welcher in aller Ruhe mit der Feuerwehr im Vorfeld verfasst worden war, hatte die anrückende Feuerwehrmannschaft schon Informationen über die Gebäude, deren Verwendung (Stall, Heu-Strohlager, Wohnhaus …), Platzverhältnisse, Bewohner des Anwesens samt Foto, Pferde samt Foto, Hunde samt Foto, Notwege für die Tierbergung und Sammelplätze für die Menschen und Tiere…….

Wozu jedoch dieser Aufwand?

  • Lokalität – Gebäude – Platz
    Feuerwehren und Rettungen rücken oft mit mehreren Fahrzeugen an. Wenn die Lokalität und die Platzverhältnisse im Vorfeld bekannt sind, können die Einsatzfahrzeuge gezielt platziert werden, ohne sich gegenseitig im Weg zu sein.
  • Gebäudeverwendung – Pferdestall
    Keine Frage, der Mensch geht vor. Nichtsdestotrotz hilft es im Panikfall immens, wenn der Einsatzleiter weiß wo und wie viele Menschen, aber auch Tiere, zu bergen sind.
    Da der Einsatzleiter zudem kaum jeden Menschen vor Ort kennt – von den Tieren ganz zu schweigen – hilft ihm ein Katastrophenplan mit Fotos.
  • Notwege & Sammelplätze für Menschen und Tiere
    In jedem öffentlichen Gebäude sind Notwege – Notausgänge vorgeschrieben. Landwirtschaftliche Anwesen bzw. Reitställe können bekanntermaßen sehr verwinkelt gestaltet sein. Weder Mensch noch Tier sollten den Rettungskräften im Wege stehen. Daher ist es sinnvoll zu überlegen, auf welchem Wege Menschen und Tier auf sicheres Terrain gebracht werden können – sämtliche Tiere sind sicher zu verwahren!

Anmerkungen zur Bergung und sicheren Verwahrung von Tieren im Notfall – z.B. Brand im Pferdestall:

  • Wer geht bei einem Brand noch in ein Gebäude? Die Feuerwehrleute – wenn es nicht schon zu spät ist.
  • Wie ist ein Feuerwehrmann ausgerüstet der in ein brennendes Gebäude eindringt? Mit Atemschutzgerät.
  • Was entsteht bei einem Brand? Rauch.
  • Wie reagiert ein Pferd/Tier in einem brennenden Gebäude? Panisch.
  • Wie reagiert ein Pferd/Tier in einem (brennenden/verrauchten) Gebäude auf das ein Feuerwehrmann mit Atemschutzgerät zukommt? PANISCH – 600 kg Pferd in Panik?! Sinnlose Gefahr für den Feuerwehrmann und fraglich ob solch ein Pferd zu retten ist.
  • Was tun so manche Pferde in einem brennenden verrauchten Stall, deren Boxentür einfach nur zum Hinauslaufen geöffnet worden war? Wenn das Pferd überhaupt von selbst den Stall verlässt, kann es durchaus vorkommen, dass es auch gleich wieder in den brennenden verrauchten Stall hineinläuft; denn es „weiß“: „dort ist es sicher“
  • Was tun Pferde die im Notfall wahllos gemeinsam freilaufend auf eine Koppel gebracht werden? Sie sind panisch, könnten die Zäune durchbrechen, könnten Rangkämpfe ausüben und sich entsprechend schlimm verletzen; ganz zu schweigen von den verletzten Menschen aufgrund frei laufender panischer Pferde/Tiere
  • Was tun Pferde die von der gewohnten Gruppe oder „Freunden“ entfernt werden? Sie werden panisch, entreißen sich womöglich ihren Führern, rempeln Menschen nieder, laufen wieder in den Stall, auf die Strasse ……

Wie wäre es daher mit folgenden Überlegungen:

  • In aller Ruhe die Feuerwehrmitglieder im Rahmen von Übungen an den Umgang mit Pferden inkl. den Verschlussmechanismen von Boxen- und Paddocktüren vertraut machen; mit und ohne schweren Atemschutzgerät; mit und ohne Rauchentwicklung
  • Überlegen, wie es im Notfall möglich wäre, dass die von der Feuerwehr geborgenen Pferde von anderen (pferdekundigen) Menschen übernommen und beaufsichtigt werden; möglichst in sich bekannten Gruppierungen; möglichst 1 Mensch pro Pferd.

Im Notfall kommt immer gleich die Rettung – für den Menschen. Sehr gut. Das funktioniert, seit ein Schweizer im 1. Weltkrieg das Rote Kreuz ins Leben gerufen hat.

Wer kommt für die mitbeteiligten Tiere?

Prinzipiell kann jeder Tierarzt kommen – vorausgesetzt die Einsatzkräfte vor Ort fordern einen Tierarzt an – vorausgesetzt sie wissen wen sie anfordern können.

Nun ist es aber durchaus hilfreich, wenn der angeforderte Tierarzt nicht nur in der Notfallmedizin fit ist, sondern auch mit den Systemen und Möglichkeiten der Einsatzkräfte vertraut ist.

Aus diesem Grunde wurde von Tierarzt Dr. Kaun – aus langjähriger Erfahrung bei humanen Einsätzen beim Roten Kreuz – die Zusatzausbildung zum  FIRE & EMERGENCY  VET ins Leben gerufen.

Es stellt sich für mich immer mehr heraus:
Man kann nicht genug den Notfall üben, um in der Not nicht zu verfallen.

Für weitere Fragen zu Notfallübungen bzw. dem Bergegeschirr (für Pferde und Rinder) stehe ich gerne zur Verfügung (Dr. Reisinger 0650/3967501).

 


09.2018